Willkommen zu Hause!
Beinahe hätte ich den Start in mein neues Leben verschlafen. Hätte meine Mitbewohnerin und –freiwillige Teresa mich nicht geweckt, wäre ich wohl erst in Budapest wieder zu mir gekommen. (Könnte mit dem allzu genauen Kennenlernen der tschechischen Kultur zusammenhängen.) So aber stehe ich völlig unvorbereitet auf dem Bahnsteig, Motorenlärm, Menschenmassen, Leuchtreklamen, Farben, Gerüche, Geräusche Brnos dringen auf mich ein; und schon hat uns unser lächelndes Empfangskommando erspäht, nimmt uns unsere Koffer ab und redet in einem wüsten Kauderwelsch aus Tschechisch, Englisch, Deutsch und internationaler Gebärdensprache drauflos; dann stößt auch noch Talita, die Dritte im Bunde der Brno-Freiwilligen, dazu; und ab geht’s übers Kopfsteinpflaster. Sack und Pack verfrachten wir ins Auto, uns selber in ein Café; doch auch hier bleibt kaum Zeit zum Zu-sich-kommen; nach einer hastig ausgetrunkenen Kofola geht’s schon weiter durch enge Gassen und überfüllte Einkaufsstraßen; rein in den Handyladen, neue Telefonnummer aussuchen, SIM-Karte kaufen, wieder raus; zurück zum Bahnhof, Passbilder machen; zurück auf die Einkaufsstraße, rein in den Ticketschalter, Passbild abgeben, Monatskarte dafür bekommen; zurück zum Auto, Fahrt zur Wohnung, Koffer schleppen, Schlüsselübergabe, Tür zu. Ruhe.
Moment! Das soll meine erste Begegnung mit meinem neuen Zuhause sein? So hab ich mir das aber nicht vorgestellt! Hat überhaupt mal irgendwer gefragt, ob ich denn schon bereit dafür bin? Ich meine, klar beschäftige ich mich seit Monaten mit nichts anderem. Ich habe mich mit meinem Sprachkurs rumgeschlagen, ein Praktikum absolviert, mir einen Reisepass ausstellen lassen, Unmengen an Unterwäsche besorgt, gelernt, wie man eine Waschmaschine bedient und Pfannkuchen macht, Skype installiert, mit meinen Freunden Abschied gefeiert- Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich innerlich auf diesen Moment vorbereitet bin! Ich habe ihn mir so oft vorgestellt. Immer gleich. Und immer anders als genau jetzt. – Im Vergleich mit den unzähligen Traumbildern kann die Realität nur verlieren.
Habe ich mir das wirklich genau überlegt, so ein Jahr, so ganz allein, in einer kalten, grauen Wohnung mit harten Betten, weit weg von Zuhause? Ich kann mich auf einmal nicht mehr richtig erinnern.
Es hilft nichts, jetzt muss ich da durch, und da schon mal da bin, kann ich mir ja auch mal die Wohnung ansehen: Es gibt eine Küche, ein WC, ein Bad und drei Zimmer. Jedes ist bis zum Rand vollgestopft mit all den Dingen, die es dem Vermieter und mehreren Freiwilligengenerationen nicht wert waren, mitgenommen zu werden: vertrockneten Zimmerpflanzen, leeren Whiskeyflaschen, Windlichtern, Schallplatten, scheußlichen Glasvitrinen, billigen Aquarellen, Koffern, Körben und –tata!- zwei riesigen verstimmten Flügeln. Kurzum: die Wohnung ist total zugemüllt. Allerdings ist sie schön warm. Und grau ist sie auch nicht gerade. Die Wände tragen vielmehr einen undefinierbaren Gelbton. Und allein bin ich ja nun wirklich nicht. Meine beiden Mitbewohnerinnen sind nett. Ziemlich sogar. Und der Empfang am Bahnhof war doch eigentlich auch ganz schön herzlich. Und soooo weit ist es jetzt auch wieder nicht von Zuhause nach Brünn.
Und war das Sich-einsam-und-verlassen-fühlen nicht von Anfang an Teil des Plans? Ich krame die Reisebeschreibung heraus. „Das ultimative Wagnis: Ein Jahr im Ausland“, steht da. „Enthält: Orientierungslosigkeit, Kommunikationsprobleme, Heimweh, Kulturschock, Einsamkeit, Reifeprüfung, Erwachsen-werden, Langeweile, Unabhängigkeit, sinnvolle Tätigkeiten, neue Freunde, unvergessliche Erfahrungen. Nicht geeignet für Kinder über 18 Jahren.“ Genauso hatte ich es gebucht.
Höchste Zeit, jetzt noch das mit den Betten zu testen.
Moment! Das soll meine erste Begegnung mit meinem neuen Zuhause sein? So hab ich mir das aber nicht vorgestellt! Hat überhaupt mal irgendwer gefragt, ob ich denn schon bereit dafür bin? Ich meine, klar beschäftige ich mich seit Monaten mit nichts anderem. Ich habe mich mit meinem Sprachkurs rumgeschlagen, ein Praktikum absolviert, mir einen Reisepass ausstellen lassen, Unmengen an Unterwäsche besorgt, gelernt, wie man eine Waschmaschine bedient und Pfannkuchen macht, Skype installiert, mit meinen Freunden Abschied gefeiert- Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich innerlich auf diesen Moment vorbereitet bin! Ich habe ihn mir so oft vorgestellt. Immer gleich. Und immer anders als genau jetzt. – Im Vergleich mit den unzähligen Traumbildern kann die Realität nur verlieren.
Habe ich mir das wirklich genau überlegt, so ein Jahr, so ganz allein, in einer kalten, grauen Wohnung mit harten Betten, weit weg von Zuhause? Ich kann mich auf einmal nicht mehr richtig erinnern.
Es hilft nichts, jetzt muss ich da durch, und da schon mal da bin, kann ich mir ja auch mal die Wohnung ansehen: Es gibt eine Küche, ein WC, ein Bad und drei Zimmer. Jedes ist bis zum Rand vollgestopft mit all den Dingen, die es dem Vermieter und mehreren Freiwilligengenerationen nicht wert waren, mitgenommen zu werden: vertrockneten Zimmerpflanzen, leeren Whiskeyflaschen, Windlichtern, Schallplatten, scheußlichen Glasvitrinen, billigen Aquarellen, Koffern, Körben und –tata!- zwei riesigen verstimmten Flügeln. Kurzum: die Wohnung ist total zugemüllt. Allerdings ist sie schön warm. Und grau ist sie auch nicht gerade. Die Wände tragen vielmehr einen undefinierbaren Gelbton. Und allein bin ich ja nun wirklich nicht. Meine beiden Mitbewohnerinnen sind nett. Ziemlich sogar. Und der Empfang am Bahnhof war doch eigentlich auch ganz schön herzlich. Und soooo weit ist es jetzt auch wieder nicht von Zuhause nach Brünn.
Und war das Sich-einsam-und-verlassen-fühlen nicht von Anfang an Teil des Plans? Ich krame die Reisebeschreibung heraus. „Das ultimative Wagnis: Ein Jahr im Ausland“, steht da. „Enthält: Orientierungslosigkeit, Kommunikationsprobleme, Heimweh, Kulturschock, Einsamkeit, Reifeprüfung, Erwachsen-werden, Langeweile, Unabhängigkeit, sinnvolle Tätigkeiten, neue Freunde, unvergessliche Erfahrungen. Nicht geeignet für Kinder über 18 Jahren.“ Genauso hatte ich es gebucht.
Höchste Zeit, jetzt noch das mit den Betten zu testen.
Eva W. - 22. Sep, 23:57
Vitame